Honorarumfrage unter freien Lektorinnen und Lektoren

Frankfurt am Main, 1. Februar 2006

Erstmals liegen verlässliche Informationen über die soziale und finanzielle Lage der freien Lektorinnen und Lektoren vor

Freiberuflich arbeitende Lektorinnen und Lektoren sind aus guten Gründen mit ihrem Einkommen nicht zufrieden: Auf einer Skala von 1 (sehr zufrieden) bis 5 (sehr unzufrieden) vergaben sie die Note 3,4. Der Spaß an der Arbeit wird mit 2,0 deutlich besser bewertet. Das ist eines der wesentlichen Ergebnisse einer im letzten Jahr durchgeführten Honorarumfrage des Verbandes der Freien Lektorinnen und Lektoren (VFLL).

Das durchschnittlich erzielte Stundenhonorar liegt bei nahezu 2.000 Aufträgen, zu denen Daten erhoben wurden, bei etwa 22 Euro. Davon bleiben nach Abzug der Betriebs- und Versicherungskosten sowie der Steuern typischerweise gut 10 Euro zum Leben. „Mit einem durchschnittlichen Gewinn von etwa 14.200 Euro vor Steuern kann man keine Familie ernähren, ja kaum sich selbst", fasst die Vorsitzende des Verbandes, Dr. Andrea Kamphuis, ein weiteres Ergebnis der Befragung zusammen. Berücksichtigt man die notwendigen Beiträge für Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie berufsbezogene Versicherungen und Einkommenssteuer, bleiben für Alleinstehende knapp 10.000 Euro im Jahr zum Leben.

„Wir wollen angesichts dieser Zahlen nicht lamentieren", betont Andrea Kamphuis. Angesichts der Tatsache, dass die Vertretung der sozialen Interessen der Mitglieder und die Durchsetzung angemessener Honorare zu den zentralen Aufgaben des Verbandes gehören, werde man aber aus den unbefriedigenden Zahlen Konsequenzen ziehen müssen. „Das ist nicht einfach; die Auftraggeber finden im Heer der arbeitslosen Akademiker immer jemanden, der noch preiswerter – und auf den ersten Blick vielleicht nicht einmal schlechter – arbeitet. Das wissen wir."

Den ausführlichen Fragebogen zur Arbeitssituation sowie zu den erzielten Einkommen und Stundenhonoraren hatten 2005 insgesamt 197 freiberuflich arbeitende Lektorinnen und Lektoren ausgefüllt. „Die Befragung ist damit repräsentativ und aussagekräftig", bilanziert Andrea Kamphuis. Nun wird es laut der VFLL-Vorsitzenden darum gehen, die Ergebnisse der Honorarumfrage nicht nur nach außen, sondern auch nach innen wirken zu lassen.

Zum einen sieht der VFLL noch viel Aufklärungsbedarf in der Branche. „Es muss deutlich werden, dass wir hoch qualifizierte Profis sind, die man nicht ohne spürbare Qualitätseinbußen durch ‚studentische Hilfskräfte’ ersetzen – oder wie solche bezahlen – kann", meint Andrea Kamphuis. Zum anderen soll bei den freien Lektorinnen und Lektoren das Bewusstsein für die eigene ökonomische Lage und die Notwendigkeit einer sozialen Absicherung geschärft werden. Gegen „Dumpinghonorare" komme man nicht mit abstrakten Solidaritätsappellen an, sondern nur, indem man immer wieder vorrechne, dass es sich lohnt, schlecht bezahlte Aufträge abzulehnen und seine Energie lieber für die Spezialisierung, den Ausbau des Leistungsspektrums oder die Erschließung neuer Kundenkreise zu verwenden.

Auch wenn der Spaß am Umgang mit Texten und ihren Verfassern für freiberufliche Lektorinnen und Lektoren einen hohen Stellenwert hat und viel zur Qualität der Produkte beiträgt, so Andrea Kamphuis weiter: „Anspruchsvolle und zuverlässige Arbeit muss angemessen bezahlt werden. Dafür setzen wir uns ein."

Wenn Sie weitere Informationen zur Honorarumfrage wünschen, wenden Sie sich an:
Ludwig Janssen
Pressesprecher des VFLL