Die Bezeichnung Normseite (Abk.: NS) scheint schon per definitionem eine feste Größe für eine Manuskriptseite bzw. für die Menge des Textes, die auf einer solchen Seite steht, zu sein. Doch weit gefehlt, denn in der Praxis kann der Umfang zwischen
variieren.
Festgelegt wurde die NS im Jahr 1992 vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels zusammen mit dem Verband Deutscher Schriftsteller als Empfehlung für die Berechnung des Honorars von Autoren, freiberuflichen Lektoren und Übersetzern. Ursprünglich ging man von einer Schreibmaschinenseite aus, die – vollgeschrieben – 30 Zeilen à 60 Anschläge (inkl. Leerzeichen), also 1800 Anschläge (inkl. Leerzeichen), umfasst. Da eine Seite aber praktisch immer unvollständige Zeilen, Leerzeilen oder auch Überschriften enthält, kommt man de facto nie auf diese Menge. So hat die VG Wort (Verwertungsgesellschaft Wort), die an Autoren Tantiemen für die sog. Zweitnutzung ihrer Werke, also z.B. für Verfilmungen oder Lesungen, ausschüttet, der Einfachheit halber den Wert von 1500 Anschlägen (inkl. Leerzeichen) angesetzt.
Inzwischen arbeiten viele Lektorate aber auch mit einem Wert von 1650 Anschlägen (inkl. Leerzeichen).
Lässt man sich in Word mit der Funktion Wörter zählen > Zeichen (mit Leerzeichen) die Gesamtmenge der Anschläge eines Manuskripts anzeigen und dividiert sie dann durch einen der genannten Werte für die Normseite, so erhält man eine fiktive Anzahl an NS, die aber nur einen ungenauen Wert für die Gesamtanzahl an NS für das Manuskript angibt. Sinnvoller ist es, bei einem nicht auf NS formatierten Text durchschnittlich 1650 Zeichen pro NS anzusetzen, dann liegt das Ergebnis meist relativ nahe an der tatsächlichen NS-Anzahl. Den exakten Wert erhält man allerdings nur, wenn man das Manuskript entsprechend umformatiert.
Mit wie vielen Anschlägen inkl. Leerzeichen eine NS tatsächlich angesetzt wird, ist deshalb von großer Bedeutung, weil sich das auf das Honorar auswirkt. Es ist ein großer Unterschied, ob der Berechnung ein Wert von 1500 oder 1800 Anschlägen inkl. Leerzeichen zugrunde gelegt wird. In der Praxis bedeutet der höhere Wert eine Honorarkürzung von 20 Prozent, das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen!
Beim Umformatieren eines Textes sollte man zusätzlich darauf achten, in welcher Schrift das Manuskript erstellt wurde, und ggf. zu einer anderen wechseln. Im Hinblick auf die NS sind nur nichtproportionale oder sog. Schreibmaschinenschriften wie Courier, Courier New, Lucida Sans oder Lucida Console zu empfehlen. Bei proportionalen Schriften beanspruchen nämlich breite Buchstaben wie m/M oder w/W deutlich mehr Platz als schmale wie i, j oder l.
Achtung: Arial gehört nicht zu den empfehlenswerten Schriften, auch wenn sie im Zusammenhang mit der NS-Formatierung oft genannt wird.
Noch ein Hinweis für Selfpublisher: Die NS ist nicht als Format für Bücher gedacht. Manuskripte, die bei einem Book-on-Demand-Anbieter oder im Selbstverlag als Buch veröffentlicht werden sollen, müssen entsprechend den Vorgaben dieser Dienstleister formatiert werden. Der eingereichte Text muss schon so gestaltet sein, wie später das gedruckte Buch aussehen soll. Das Thema NS ist nur für Autoren relevant, die ihr Manuskript an einen konventionellen Verlag schicken möchten.
Dr. Gabriele Schweickhardt