Praktische Lösungen statt Genderverbot

Hamburg/Berlin, 8. Juni 2021

Lektoratsverband fordert sachliche Debatte über geschlechtergerechte Sprache

Der Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren e. V. (VFLL) ruft zu einer Versachlichung der öffentlichen Debatte über das sprachliche Gendern auf. Damit reagiert der Berufsverband der Textprofis auf Forderungen nach einem Genderverbot, die immer wieder und jüngst aus der Hamburger CDU zu hören sind.

Angelika Pohl, Sprecherin der VFLL-Regionalgruppe Hamburg, sagte nach einer Sitzung der verbandsinternen Arbeitsgruppe „Sprachwandel“ Ende Mai: „Nach unserer Erfahrung möchten viele Mitarbeit:erinnen in Behörden, Institutionen und Unternehmen diskriminierungsfrei formulieren. Vor allem aber möchten sie ihre eigentliche Arbeit erledigen. Es gibt deshalb ein verständliches Bedürfnis nach alltagstauglichen Lösungen für die geschlechtergerechte Kommunikation. Rufe nach einem Genderverbot helfen da nicht.“ Die Arbeitsgruppe „Sprachwandel“ sensibilisiert und unterstützt die Mitglieder des VFLL mit Informationen zu geschlechtergerechter und diskriminierungsfreier Sprache.

Gendern ist vielerorts schon gang und gäbe

Eine einfache Möglichkeit, alle Geschlechter anzusprechen, ist das Gendern mit Sonderzeichen wie dem Sternchen oder Doppelpunkt. Das haben einige Kommunen erkannt und entsprechende Regeln an ihre Verwaltung herausgegeben. Dort schreibt man nun zum Beispiel „Liebe Kolleg*innen“ oder „Liebe Kolleg:innen“.

Wer den Genderstern nicht verwenden möchte, kann an vielen Stellen auch durch Wortwahl oder Umformulierungen geschlechtergerecht schreiben. Statt „Liebe Kollegen“ heißt es dann etwa „Liebes Team“. Ein anderes Beispiel, das viele Menschen gar nicht als Gendern empfinden: Das Straßenschild „Radfahrer absteigen“ lässt sich umformulieren zu „Das Rad bitte schieben“. Pohl ergänzt: „Das Straßenschild-Beispiel zeigt auch sehr schön, dass Gendern Texte gleichzeitig freundlicher, geradezu bürgernah machen kann.“

Sprachwandel braucht Zeit

Die Sprachprofis des VFLL wissen aber auch: Will man zu 100 Prozent geschlechtergerecht schreiben, stößt man auf Schwierigkeiten, etwa weil es noch keine passenden Wörter gibt. Das erleben Lektorinnen und Lektoren in ihrer täglichen Arbeit, im Gespräch mit ihrer Kundschaft und bei der Beratung. Diese Probleme lassen sich nur durch Ausprobieren und sachlichen Austausch lösen.

„Klare Regeln kann es noch nicht geben. Der sprachliche Wandel hin zu mehr Gerechtigkeit ist ein Prozess und braucht Zeit. Das sieht übrigens auch der zwischenstaatliche Rat für deutsche Rechtschreibung so und hat bewusst noch keiner Schreibweise den Vorzug gegeben“, erklärt die Hamburger Lektorin Pohl.

Lektoratsprofis bieten Beratung

Der VFLL sieht es als seine Aufgabe an, den Sprachwandel und den gesellschaftlichen Verhandlungsprozess darüber zu begleiten. Seine Mitglieder beraten Kundinnen und Kunden, wie sie geschlechtergerechte Sprache passend zur Zielgruppe und zum Kontext umsetzen. So helfen Lektorinnen und Lektoren, gute Formen und Ausdrucksmöglichkeiten für diskriminierungsfreie Texte zu finden.

Über den VFLL

Der im Jahr 2000 gegründete VFLL ist Berufsverband für freiberuflich arbeitende Lektorinnen und Lektoren im deutschsprachigen Raum. Er kümmert sich um die beruflichen Interessen seiner mehr als 1000 Mitglieder, zu denen neben Lektorinnen und Lektoren auch (Schluss-)Redakteure und Korrektorinnen zählen. Der VFLL setzt sich in der Öffentlichkeit und gegenüber der Politik für die wirtschaftlichen und sozialen Belange der freien Lektorinnen und Lektoren ein. Er ist Mitglied im Deutschen Kulturrat und in der Deutschen Literaturkonferenz. Den bei der Künstlersozialkasse (KSK) versicherungspflichtigen Lektorinnen und Lektoren kommt zugute, dass der VFLL sowohl im Beirat als auch im Widerspruchsausschuss der KSK vertreten ist. Seit 2016 ist der VFLL zudem Mitglied im Börsenverein des Deutschen Buchhandels.

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Pressekontakt VFLL

Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren e. V. (VFLL)
Inga Beißwänger (Pressereferentin)
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