Ein unsichtbares Wesen: der Lektor

Dieses unsichtbare Wesen hat der Kommunikationswissenschaftler Walter Hömberg erstmals empirisch in einer Studie untersucht. Sie betrachtet das Berufsbild, die Anforderungen an und Aufgaben von Lektoren in Buchverlagen und liefert Daten zu deren Ausbildung, Tätigkeitsbereichen und Selbstverständnis.

Erhoben wurden diese Daten durch Befragungen von Verlagsleitern sowie Interviews mit den Lektoren. Hömberg kommt unter anderem zu den folgenden Ergebnissen:

  • Lektor ist ein Frauenberuf: Etwa 64 Prozent der Mitarbeiter im Lektorat sind weiblich.
  • Lektoren sind gebildet: 90 Prozent haben ein abgeschlossenes Hochschulstudium.
  • Die klassischen Lektoratsaufgaben sind immer noch am wichtigsten: Lektoren sind „Seelsorger“ und „geistige Hebammen“ für ihre Autoren, „Trüffelschweine“ beim Prüfen der Manuskripte und „Ideenmaschinen“ beim Entwickeln neuer Buchideen. Ökonomisch-strategische Überlegungen spielen dabei jedoch eine wichtige Rolle.
  • Lektoren sind Diener zweier Herren, die eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung tragen: 95 Prozent sehen sich als Diener der Interessen ihres Verlags. 76 Prozent wollen den Interessen ihrer Autoren dienen. 73 Prozent wollen Bildung und Aufklärung fördern.
  • Die Wege ins Lektorat führen über die Praxis: Praktika und Volontariate werden immer wichtiger.
  • Lektoren haben eine große Affinität zu ihrem Beruf und lieben Bücher: 95 Prozent sind aus Interesse an einem vielseitigen Beruf Lektor geworden, 71 Prozent aus Leidenschaft.

Ein Ergebnis der Befragung ist aus VFLL-Sicht besonders interessant: Einen Berufsverband für fest angestellte Lektoren wünschen sich zwei Drittel der befragten Lektoren. Sie versprechen sich davon: den Austausch von Wissen und Erfahrungen, die Stärkung des eigenen Berufsstands und der Position gegenüber den Verlagen und Autoren, einheitliche Normen über Gehälter, Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen, Standards für Aus- und Weiterbildung und Qualitätssicherung. Viele dieser Ziele verfolgt auch der VFLL und setzt sich seit nunmehr zehn Jahren dafür ein.

Die Studie ist eine echte Fundgrube: Sie liefert umfangreiches Zahlenmaterial zu allen Aspekten dieses Berufsbilds, aber auch erhellende und heitere Einblicke in das Lektorenleben, indem sie die Lektoren in zahlreichen Zitaten selbst zu Wort kommen lässt.

Christiane Kauer, Bad Vilbel

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