Gefällt mir

Im Internetzeitalter wird so viel Text produziert wie nie zuvor. Ob Blog, Website oder Social Media – Texte sind schnell getippt. Wer sich mit seinem Unternehmen ins Web wagt, sollte allerdings wissen, wie er oder sie einen professionellen Auftritt hinlegt. Hier gibt Petra van Laak mit ihrem Buch Clever texten fürs Web. So bringen Sie Ihr Unternehmen zum Glänzen – auf Homepage, Blog, Facebook und Co. hilfreiche, da praxisorientierte Infos und Impulse.

Eine interessante Anzeige

Im Duden-Newsletter stolpere ich über eine Buchanzeige: Clever texten fürs Web. So bringen Sie Ihr Unternehmen zum Glänzen – auf Homepage, Blog, Facebook und Co. Von Petra van Laak, Chefin einer Kommunikationsagentur in Berlin. Für diejenigen gedacht, die keine Profitexter sind, es aber selbst machen wollen oder sollen. Es gibt eine Website zum Buch und eine Buchpräsentation in der Agentur. Klingt interessant.

Ich bin kein Digital Native. Zum ersten Mal wurde ich während meines Studiums mit einem Computer konfrontiert, in den späten 1970ern. Ich sprach nur Deutsch, der Unirechner nur FORTRAN – eine wirkliche Liebesbeziehung entwickelte sich angesichts solcher Verständigungsprobleme damals nicht. Heute liebe ich Outlook, USB-Sticks und die Zwischenablage und kann mir ein Leben ohne Computer und Internet kaum noch vorstellen.

Trotzdem hält sich meine Affinität zum Internet und den Social Media in Grenzen. Ich bin nicht auf Facebook, Twitter & Co., nur halbherzig auf XING. Und auch mit webgerechtem Texten tue ich mich schwer. Höchste Zeit, mich damit eingehender zu befassen. Zumal ich meine Website überarbeiten möchte.

Da kommt das Buch wie gerufen. Und könnte sich auch für eine Rezension eignen. Kurz entschlossen frage ich bei unserer Presse- und ÖA-Frau Inga Beißwänger an, ob sie sich eine Besprechung für die VFLL-Seite vorstellen könne. Inga kann und fordert ein Rezensionsexemplar beim Dudenverlag an.

Eine nutzbringende Lektüre

Einige Tage später: Morgens trifft das Buch bei mir ein, abends gehe ich zur Lesung. Die Lesung selbst ist kurz und knapp gehalten, Petra van Laak liest drei der kleinen, witzigen Geschichten aus ihrer Agenturpraxis vor, die jedes Kapitel beschließen. Ansonsten erzählen sie und ihre Duden-Lektorin Juliane von Laffert das Making-of des Buches. Storytelling sowie Cross-Marketing: Petra van Laak bietet nun auch ein titelgleiches Seminar an.

Doch das passt zum Buch. Und Konzeption und Sprache des Buches zum Inhalt. Der Content wird in Häppchen serviert, wie im Web. Vier Teile, gegliedert in achtzehn Kapitel, und den üblichen Anhang mit Register und Literaturverzeichnis hat der Ratgeber oder „Tatgeber“, wie die Autorin lieber sagt.

Ich beginne mit dem ersten Teil: Grundlagen fürs Schreiben. Um den Absender und die Zielgruppe, Regeln für gute Texte und abwechslungsreiches Schreiben geht es da. Nichts Neues für einen Lektor, aber hilfreich für Leser, die sich noch nie damit befasst haben.

Im zweiten Teil Web-Texte und ihre Besonderheiten lerne auch ich einiges dazu. Nicht unbedingt etwas über Grundregeln der Lesbarkeit und Elemente, die Struktur schaffen. Aber zum Thema SEO und über Links, Buttons, Reiter und so weiter. Die Erläuterungen sind hilfreich für Dummies wie mich. Ohne dass ich mich bei der Lektüre wie ein Dummie fühle. Zu dem guten Gefühl tragen sicher auch die verfremdeten Geschichten aus der van Laak’schen Agentur bei, die mit selbstironischem Augenzwinkern und einer Pointe die Kapitel bereichern.

Die Autorin geizt auch nicht mit ganz praktischen Tipps, etwa zur Schriftgröße oder zum Farbkontrast: „Achten Sie auf einen guten Kontrast von Schrift und Hintergrund.“ Hätte doch nur die Layouterin diese Tipps gelesen! Dann hätte sie vielleicht die hellgrüne Schmuckfarbe, die sich sicherlich zum Unterlegen von Überschriften und Marginalien eignet, nicht gleichermaßen für Nummerierungen und Symbole im Fließtext (bei einer 9-Punkt-Schrift) verwendet. Nett, dass der Verlag diesem Ratgeber ein frisches Layout verpasst hat. Weniger nett, dass das auf Kosten der Lesbarkeit und Usability geht, auf die das Buch so stark abhebt. Schon beim alten Layout hat der Verlag keine glückliche Hand bewiesen, wie die Rezension zum Ratgeber Einfach gute Texte schreiben zeigt.

Der dritte Teil Wie schreibe ich für welchen Kanal? bildet den Schwerpunkt des Buches und ihm gebührt mein Hauptinteresse. Nacheinander werden die Unternehmenswebsite; Blog-Texte; Facebook; Twitter; Pinterest, Instagram u. a.; Xing, LinkedIn u. a.; WhatsApp, Support-Chat u. a.; E-Mails; Newsletter und Shops behandelt. Anschließend blicke ich besser durch. Dank der voraussetzungslosen Informationen und übersichtlichen Illustrationen. Und dank der zahlreichen Fallbeispiele aus ganz unterschiedlichen Sektoren und Branchen sowie der vielen Hinweise auf positive Beispiele und hilfreiche Tools im Web. Passend zu den einzelnen Kanälen werden ergänzende Infohäppchen serviert, etwa zur Bildauswahl oder zu Neologismen wie Hashtag.

Was mir auch gut gefällt: Petra van Laak will die Kommunikationskanäle nicht unkritisch bespielt wissen, sondern formuliert klare Kriterien, was für wen Sinn ergibt. Ja, „Sinn ergibt“ und nicht „Sinn macht“. Was auch immer der Autorin, was auch immer der Lektorin im Einzelnen zuzurechnen sein mag – man merkt beim Lesen an den Details: Das Buch ist gut geschrieben und gut lektoriert. Apropos Kriterien: Was ich immer schon ahnte, nun aber genau weiß: Facebook und mein Portfolio passen nicht zusammen. In diesem Leben werden wir keine Freunde mehr. Auch ein negatives Ergebnis ist ein Ergebnis.

Dennoch ärgere ich mich. Nein, nicht darüber, was und wie die Autorin schreibt. Sondern über die Verarbeitung der Klappenbroschur: Allmählich löst sich der Umschlag vom Buchblock und die ersten Seiten fallen heraus. Eine solch kurzlebige Klebebindung – das hat dieses Werk nicht verdient. Es gehört ins Regal, nicht in die Tonne. Aber durch die Loseblattsammlung muss ich jetzt durch.

Teil vier ist mit Wissen vertiefen betitelt. Hier greift die Autorin tiefer in die Handwerkskiste. Drei Formen von Storytelling werden beschrieben: Gründungsmythos, Produktstory, Unternehmensgeschichte. Dann gibt es Tipps und Tricks von Profitextern sowie Hinweise zum Content-Marketing. Schließlich der aufmüpfige Abschluss: Rebellion versus Konvention – der regelgeleitete Regelbruch. Alles wie gehabt: kurz und knackig, anschaulich und hilfreich.

Inga Beißwänger hat den Verlag kontaktiert. Der will den Einband prüfen, bisher habe es nach eigenem Bekunden keinerlei Probleme mit der Bindung gegeben. Jedenfalls bekomme ich binnen weniger Tage anstandslos ein neues Rezensionsexemplar, was mich etwas versöhnlicher stimmt. Das neue kommt definitiv ins Regal, das alte in die Tonne. Vollends verfliegt mein Unmut, als wenig später ein zweites Ersatzexemplar geliefert wird. Dieses wird verschenkt; mal ein Geschenk, über das sich der oder die Beschenkte auch freuen wird.

Ein positives Fazit

Das Buch hält, was es verspricht. Es passt für die Zielgruppe, lehrt, ohne zu belehren. Es regt und treibt an. Auch mich. Ich werde endlich den Relaunch meiner Website angehen; die Aufgabe ist schon terminiert. Der Ratgeber ist tatsächlich ein Tatgeber.

Einen Profitexter oder eine Kommunikationsagentur kann das Buch natürlich nicht ersetzen. Aber wer mit Bordmitteln auskommen muss oder möchte, für den ist es eine echte Hilfe.

Selten gibt es einen Schreibratgeber, bei dem Inhalt und Form so gut übereinstimmen. In dem ein Autor, eine Autorin so konsequent das praktiziert, was er oder sie predigt. Nur eines ist Petra van Laak nicht gelungen – das Kapitel über Twitter in 140 Zeichen abzuhandeln. Sei’s drum.

Website von Joachim Fries und Profil im Lektorenverzeichnis

Cover_Clever_texten_fuers_Web.